Interview mit Michael Seiwert, Leiter Data und Business Intelligence

Michael Seiwert arbeitet als Leiter Data und BI (Data und Business Intelligence) im Bereich IT.

Michael Seiwert Foto: Carsten Dammann
Bei uns gibt es keine One-Man oder ‑Woman-Shows, sondern alle Projekte, die wir umsetzen, sind Team­leistungen. Natürlich dürfen aber alle ihren eigenen Kopf haben. Über neue Ideen freuen wir uns immer sehr.

Du leitest das Team Data und BI. Welche Aufgaben liegen in Deinem Bereich?

Das Data- und BI-Team unter­teilt sich grund­sätzlich in drei Bereiche: Redaktion, Kunden­daten, und klassisches Reporting. Für den redaktionellen Bereich entwickeln wir beispiels­weise den sogenannten Radar, der durch seine redaktionellen Kenn­zahlen die Chefs und Cheff­innen vom Dienst bei der Steuerung der Home­page unter­stützt. Der Radar zeigt unter anderem an, wie häufig Artikel gelesen werden und ob sie zu Abo-Abschlüssen führen.

Im Bereich Customer Data arbeitet ein weiteres Team an der Bereit­stellung und Auf­be­reitung der Daten für die Marketing-Automation, die Daten­analyse und das Business-Reporting. Durch die Kunden- und Abonnenten­daten bekommen wir dort eine 360-Grad-Sicht auf den Kunden. Diese Daten werden unter anderem dazu verwendet, Marketing­kampagnen zu steuern und zu optimieren. Außer­dem werden die Kunden­daten von weiteren Systemen, wie beispiels­weise unserem CRM-System oder unserem Web­tracking­system genutzt.

Im klassischen Reporting, wie wir es nennen, fassen wir ein paar Bereiche zusammen. Dort spielen Financial Reporting, Deckungs­beiträge, Verkaufs­zahlen und ähnliche Themen eine Rolle. Um etwa die Deckungs­beiträge für unser Heft zu ermitteln, stellen wir Erlöse und Kosten gegen­über. Darüber hin­aus können unter­schiedliche Abteilungen auf unser Kosten­controlling zugreifen und wir ermitteln für unseren Vermarkter SPIEGEL Media Anzeigen-Reportings und andere Kennzahlen.

An welchen Projekten arbeitet ihr momentan konkret?

Wir arbeiten an sehr vielen Projekten. Ich hebe mal eins heraus: die Content Recommendation oder auch Perso­nali­sierung. Wir wollen für Leser­innen und Leser von SPIEGEL.de einen Bereich auf der Home­page schaffen, in dem – abhängig von der indi­vidu­ellen Lese­historie – eine perso­nali­sierte Lese­empfehlung abge­geben wird.

Welche Rolle spielt KI bei eurer Arbeit?

Mittler­weile spielt KI in allen Bereichen eine große Rolle. Wir arbeiten zum Beispiel an zwei großen KI-Projekten. Mit der SPIEGEL-Doku­mentation, haben wir ein Tool entwickelt, das auto­matisch Fakten in Dokumenten oder in Artikeln checkt. Es ist ein Sicherheits­netz zusätz­lich zur manu­ellen Prüfung, die natürlich weiter­hin im Vorder­grund steht, und soll dabei helfen, Flüchtig­keits­fehler zu verhindern.

Ein weiteres Projekt, das wir gerade entwickeln, betrifft unser großes SPIEGEL-Archiv. In unserem digi­talen Archiv­system befinden sich aus­ge­wählte Artikel von unter­schied­lichsten Regional-, Fach- und Leit­medien sowie ca. 2 Millionen Print- und Online-Artikel des SPIEGEL seit 1947, die für unsere Arbeit wichtig sind. Die Erweiterung unseres Archiv­systems um eine RAG-Funktionalität (Retrieval Augmented Generation) ermöglicht durch den Einsatz von KI natürlich komplett neue Möglich­keiten: Artikel aus jahre­langer Bericht­erstattung können anhand einer Frage durch­sucht werden, Zitate aus Artikeln können extrahiert, FAQs zu Themen können erstellt werden, alles natürlich mit exaktem Verweis auf die Text­stelle unter Angabe der Quelle.

Wie bleibst du und dein Team für eure Fach­themen auf dem neuesten Stand?

Wir machen sehr viel Selbst­studium, weil gerade im KI-Bereich quasi stünd­lich neue Paper von wissen­schaft­lichen Institutionen ver­öffent­licht werden. Daneben besuchen wir Konferenzen und Netz­werk­events. Ein wichtiger Bestand­teil sind natürlich auch Schulungen von Soft­ware­anbietern, wenn wir eine Techno­logie komplett neu lernen müssen.

Darüber hinaus organisieren wir im Team regel­mäßig soge­nannte Hack-Weeks, bei denen wir uns für eine Woche ganz konzentriert einem Thema widmen und mit dem gesamten Team daran arbeiten, alles andere muss dann bis zur nächsten Woche warten.

Was sollte eine Kandidatin unbedingt mit­bringen, um Teil deines Teams zu werden?

Da sind mir die Soft­skills tat­sächlich oft­mals wichtiger als die technischen Skills. Warum ist das so? Technische Skills kann man gut lernen. Wenn es dort Defizite gibt, dann kann man die gut aus­gleichen und durch Schulungen Know-how vermitteln. Eigen­verant­wortung ist mir sehr wichtig. Gerade bei uns im Verlag kann man nicht immer davon aus­gehen, dass einem alles zuge­tragen wird, sondern da ist Eigen­initiative nötig. Wir arbeiten in einem sehr sensiblen Umfeld, wo es darum geht, auch mit Kunden­daten und mit Informationen sehr seriös umzu­gehen. Von daher ist ein hohes Verant­wortungs­bewusst­sein von hoher Relevanz. Das Aller­wichtigste ist mir aber grund­sätzlich Team­fähigkeit. Bei uns gibt es keine One-Man- oder -Woman-Shows, sondern alle Projekte, die wir umsetzen, sind Team­leistungen. Natürlich dürfen aber alle ihren eigenen Kopf haben. Über neue Ideen freuen wir uns immer sehr.