Annemarie Eckhardt: „Nicht über Begnadigungen informiert worden“ / „Ich habe
mich in meiner Würde missachtet gefühlt“
Berlin, 9. Mai 2007 – Im Interview mit SPIEGEL ONLINE erhebt die Witwe des 1972
von der RAF ermordeten Polizisten Hans Eckhardt schwere Vorwürfe gegen die
Politik im Zusammenhang mit der Begnadigung des Mörders ihres Mannes: „Ich habe
vom Mörder meines Mannes nach dessen Begnadigung nie ein Wort der Distanzierung
von seinen Taten gehört oder gelesen, noch ein Wort der Reue. Doch meine Kritik
gilt nicht nur den Tätern, sondern auch der Politik.“ RAF-Terrorist Manfred
Grashof hatte 1972 auf Hans Eckhardt, der Leiter der polizeilichen
Sonderkommission Baader-Meinhof war, geschossen und ihn lebensgefährlich
verletzt. Eckhardt starb wenig später.
Von der Begnadigung Grashofs im Jahr 1988 habe sie nur durch einen Zettel
erfahren, der bei ihren Nachbarn abgegeben worden sei. Auch habe man ihr nicht
mitgeteilt, dass der Mörder seit längerem Freigänger war. „Darüber, dass ich
dem Mörder meines Mannes möglicherweise auf der Straße begegnen könnte, darüber
wäre ich gern informiert worden“, sagte Eckhardt SPIEGEL ONLINE. Die mangelnde
Sensibilität ihr gegenüber habe sie sehr verletzt, sie habe sich in ihrer Würde
missachtet gefühlt.
Bernhard Vogel, ehemaliger Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, hatte den
Mörder von Hans Eckhardt nach 16 Jahren Haft begnadigt. Vogel hatte erklärt, er
habe Kontakt zu den Angehörigen der Opfer aufgenommen. „Das Gegenteil ist der
Fall und das ist ein Grund, warum ich mich heute zum ersten Mal seit der
Ermordung meines Mannes öffentlich äußere“, sagte Eckhardt. In Vogels Augen sei
sie wohl „nur Witwe eines Polizeibeamten gewesen, die man nicht angemessen
benachrichtigen musste“.
Annemarie Eckhardt kritisierte auch die „sehr zurückhaltende“ und „oft
einseitige“ Aufarbeitung der Geschichte der RAF: „Wo ist eine Antwort der
Täter über ihre menschenverachtende Haltung, etwa, dass Polizisten Schweine
sind?“
Das vollständige Interview ist unter www.spiegel.de abrufbar.
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