Evonik-Chef Werner Müller ist „Manager des Jahres 2008“. Eine siebenköpfige,
hochkarätige Jury, zu der unter anderen der Unternehmensberater Roland Berger
und Goldman-Sachs-Deutschlandchef Alexander Dibelius gehören, würdigte Müllers
Leistung, mit einem intelligenten Stiftungskonzept die sozialverträgliche
Abwicklung des Bergbaus sichergestellt und den Industriekonzern Evonik
geschaffen zu haben.
Den Wettbewerb veranstaltet das in Hamburg erscheinende manager magazin seit
1995. In den Vorjahren ging die Auszeichnung unter anderen an Bayer-Chef Werner
Wenning (2007), Linde-Vormann Wolfgang Reitzle (2006) sowie den
Vorstandsvorsitzenden von BASF, Jürgen Hambrecht (2005).
Im Gespräch mit dem manager magazin (Erscheinungstermin: 21. November)
kritisiert der frühere Bundeswirtschaftsminister Müller die Tendenz zum
Dirigismus in Deutschland: „Die Lage ist für mich ein Stück weit beängstigend.“
Deutlich spricht sich Müller gegen Staatsbeteiligungen an Industrieunternehmen
aus, wie sie vom französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy vorgeschlagen
wurden. „Ich würde davon abraten“, so Müller. Es bleibe meist nicht bei der
reinen Beteiligung, der Staat wolle sich auch einmischen. Als mahnendes
Beispiel führt der Evonik-Chef die Deutsche Bahn an, deren Aufsichtsrat er
vorsitzt: „In die Bahn wird nur zu gern politisch reingefummelt nach dem Motto:
Ich bin die Exekutive, und der Laden gehört schließlich dem deutschen Volk.“
Müller zeigt Verständnis dafür, dass der Börsengang der Bahn erst einmal
gestoppt wurde, und äußert gleichzeitig Kritik an Bundesverkehrsminister
Wolfgang Tiefensee. Die früher vom Bundesverkehrsminister geäußerte Annahme,
der Börsengang brächte acht Milliarden Euro ein, habe eine „völlig
unrealistische Erwartungshaltung“ geschürt, die dem Prozess eher geschadet
habe, so Müller. Jetzt sehe er die Gefahr, dass der Börsengang in eine
allgemeinpolitische Diskussion – „pro Verstaatlichung, kontra Privatisierung“ –
gerate, sodass er „für längere Zeit kein Thema mehr“ sein könnte.
Auf die Frage, ob der deutsche Steinkohlenbergbau doch noch eine Zukunft habe,
äußerte Müller die Erwartung, dass ein Rest-Bergbau erhalten bleibe. Über das
endgültige Auslaufen des Steinkohlenbergbaus im Jahr 2018 soll der Bundestag im
Jahr 2012 entscheiden. Müller: „Ich wage mal die Prognose, dass er den Bergbau
nicht dichtmacht.“ Deutsche Zechen seien wirtschaftlich zu betreiben, weil die
Weltmarktpreise für Kohle, so Müller, in den kommenden Jahren im Bereich der
variablen Kosten des deutschen Bergbaus liegen würden. Der Bergbau, so Müller,
werde deshalb in den Jahren nach 2012 im Durchschnitt keine Subventionen
brauchen.
Kritik an der deutschen Energiepolitik übt Müller im Falle des Projekts einer
neuen Kokskohlezeche im westfälischen Hamm. Derzeit ruhe das
Genehmigungsverfahren, weil die Kosten dafür, rund eine Million Euro pro Jahr,
nicht aus dem Topf der nationalen Kohlepolitik bezahlt werden dürften. „Dabei
geht es um öffentliche Daseinsvorsorge“, so Müller. Die Chinesen tingelten
durch die Welt und kauften für Hunderte Milliarden Dollar Rohstoffreserven, die
sie im eigenen Land nicht genügend verfügbar hätten. Dagegen nehme sich die
deutsche Energiepolitik „bisweilen arg provinziell aus“.
Autor: Dietmar Student
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