Hubertus von Grünberg, ABB-Verwaltungsratspräsident, geht davon aus, dass die Führungskrise beim Schweizer Industriekonzern auch Folgen für ihn haben wird. »Gewiss«, so von Grünberg gegenüber dem manager magazin (Erscheinungstag: 28. März 2008), werde er auf der ABB-Generalversammlung am 8. Mai bei der anstehenden Entlastung der Verwaltungsräte »ein paar Prozentpunkte Stimmen weniger bekommen als meine sieben Kollegen«. Damit äußert sich von Grünberg erstmals im Interview zu dem spektakulären Rauswurf des ABB-Chefs Fred Kindle und den daraus resultierenden Anfeindungen in der Schweiz.
In der Öffentlichkeit gilt von Grünberg als treibende Kraft hinter dem Abgang des erfolgreichen CEOs Fred Kindle Mitte Februar. Offiziell begründet wurde die Trennung mit »unüberbrückbaren Differenzen über die Führung des Unternehmens«. Von Grünberg: »Es war eine Eigendynamik, die sich da entwickelte.« Dass Kindle Verfehlungen im persönlichen Bereich begangen habe, weist der ABB-Verwaltungsratschef zurück: Weder habe Kindle gegen Compliance-Regeln noch gegen ethische Grundprinzipien verstoßen: »Der Mann ist absolut integer.«
Der Kindle-Nachfolger sollte sich »auf organisches Wachsen« verstehen. Laut von Grünberg wolle ABB in Zukunft vor allem das Kerngeschäft Automations- und Energietechnik stärken: »Auf den Energiemärkten regnet es Brei.« Erst wenn das interne Wachstum voll ausgeschöpft sei, könne man »über punktuelle Akquisitionen« nachdenken – »keine technologischen Träumereien«. Von Grünberg: »Diese wilden Jahre hat ABB hinter sich, als man auf alles geschossen hat, was sich bewegte. In der Folge wurde die Firma zum Sanierungsfall.«
Von Grünberg zeigt Verständnis für die Reaktionen in der Schweiz im Nachgang zum Kindle-Abgang – ein Boulevardblatt hatte den Deutschen mit Pickelhaube karikiert: »Ich fühle mich unwohl, aber ich fühle mich nicht ungerecht behandelt.« Dass er mit diesem Land im Moment »so viel Disharmonie« habe, schmerze ihn sehr, so von Grünberg gegenüber manager magazin. Er habe in der Schweiz viel Vorschusskredit gehabt. Nun müsse er versuchen, die Sympathien wieder zurückzugewinnen: »Ich werde alles daransetzen.«
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Hamburg, 27. März 2008
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