Dem aktuellen deutsch-chinesischen Zerwürfnis ist jetzt auch eine SPIEGEL-Veranstaltungsreihe in Shanghai zum Opfer gefallen
Für kommende Woche hatte das Goethe-Institut den SPIEGEL eingeladen, auf verschiedenen Veranstaltungen das Nachrichtenmagazin anlässlich seines 60-jährigen Bestehens zu präsentieren. Geplant waren unter anderem ein Workshop mit chinesischen Studenten zur Titelbildgestaltung, eine Diskussion in der Shanghaier Synagoge über jüdische Emigranten in den dreißiger Jahren sowie mehrere Vorträge von SPIEGEL-Korrespondenten über das Chinabild im SPIEGEL.
Als Höhepunkt der SPIEGEL-Woche in Shanghai sollte am kommenden Freitag die Ausstellung »Die Kunst des SPIEGEL« mit Titelbild-Illustrationen eröffnet werden, die bereits in vielen deutschen Städten, aber auch in New York und Kaliningrad gezeigt wurde.
Überraschend widerrief das renommierte »Doulun-Museum« in Shanghai unter Berufung auf die »Eiszeit« in den deutsch-chinesischen Beziehungen am Mittwoch die vor einem halben Jahr gegebene Zusage, die Illustrationen in seinen Räumen zu zeigen.
Der SPIEGEL sagte daraufhin die gesamte Veranstaltungsreihe ab: »Wir lassen uns von der chinesischen Zensur nicht vorschreiben, welche Veranstaltungen genehm sind und welche nicht«, so SPIEGEL-Chefredakteur Stefan Aust.
In den vergangenen Wochen hatte es bereits wiederholt Proteste gegen die China-kritische Berichterstattung des SPIEGEL gegeben. Regimetreue Chinesen demonstrierten vor der Hamburger SPIEGEL-Zentrale. Um den Abdruck eines Gesprächs mit dem Präsidenten von Taiwan, Chen Shui-bian, zu verhindern, intervenierte der stellvertretende Botschafter der Volksrepublik bereits drei Tage vor der Veröffentlichung direkt beim SPIEGEL in Hamburg – ohne Erfolg.
»Wir werden uns auch künftig von niemandem in unsere Berichterstattung hereinreden lassen«, so SPIEGEL-Chefredakteur Aust.
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