DER SPIEGEL

Rechtsextremismus: Forscher attackiert Bundesfamilienministerium

Professor Heitmeyer kritisiert Pläne, Mittel für Anti-Rechts-Programme einzu­stellen / »Man kann sich nicht auf uns berufen«

Im Streit um die Programme des Bundes gegen Rechtsextremismus wächst die Kritik am Familienministerium. Die geplanten Änderungen an den Förderrichtlinien seien »verheerend«, sagt Wilhelm Heitmeyer, Leiter des Instituts für Interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung der Universität Bielefeld, im Interview mit SPIEGEL ONLINE. Sein Institut begleitet im Auftrag des Ministeriums das bisherige »Civitas«-Programm wissenschaftlich.

Das Ministerium sieht unter anderem vor, die Zuschüsse für Opferberatungsstellen und Mobile Beratungsteams gegen Rechtsextremismus – sogenannte Strukturprojekte – Mitte 2007 auslaufen zu lassen. »Mir ist wirklich schleierhaft, wie man argumentieren kann, die Strukturprojekte nicht weiterzufördern«, so der Professor zu SPIEGEL ONLINE.

Das Bundesfamilienministerium hat die Neuausrichtung seines Förderprogramms gegen Rechtsextremismus mehrfach mit den Ergebnissen der Begleitforschung begründet. Heitmeyer aber betont: »Keiner unserer Wissenschaftler hat irgendwo in unseren Evaluationsberichten vorgeschlagen, diese sogenannten Strukturprojekte nicht weiterzuführen.«

Heitmeyer kritisierte zudem die Pläne, betroffenen Kommunen künftig eine zentrale Rolle in Anti-Rechtsextremismus-Projekten einzuräumen. »Keinesfalls dürfen lokale Politiker allein entscheiden, wer … Fördergelder bekommt«, so Heitmeyer. »Wir wenden uns ganz klar gegen eine solche Regelung. Man kann sich nicht auf uns berufen!«

Die Kritik an den bisherigen Projekten, die unter anderem CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla geäußert hatte, wies Heitmeyer zurück: »Langfristige ökonomische Probleme können nicht durch Sozialarbeit behoben werden. Das hat nichts mit Effizienz oder Ineffizienz kurzfristiger Projekte zu tun.« Über den Umgang des Ministeriums von Ursula von der Leyen mit Rechtsextremismus sagte er: »Möglicherweise gibt es in Teilen der neuen politischen Leitung noch die Auffassung, man müsse das Problem nicht wirklich ernst nehmen.«

Das vollständige Interview ist unter www.spiegel.de abrufbar.

Ansprechpartner für Rückfragen: Rüdiger Ditz
Telefon: 040/ 380 80-516, E-Mail: ditz@spiegel.de

Kommunikation, Maria Gröhn
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