Der neue Deutsche-Bank-Chef John Cryan (54) erwägt, die Führungsstruktur des affärengeschüttelten Instituts grundlegend zu erneuern, berichtet das manager magazin in seiner neuen Ausgabe (Erscheinungstermin: 21. August). Radikal an Einfluss verlieren soll, so das Blatt, das von Cryans Vorvorgänger Josef Ackermann (67) eingeführte Group Executive Committee (GEC). Dem derzeit 19-köpfigen erweiterten Vorstand droht die komplette Abschaffung.
Zudem will Cryan, dass künftig alle vier Kernsparten des Konzerns einen eigenen Vertreter in den Vorstand entsenden – also auch das Investmentbanking sowie die Vermögensverwaltung. Deren Ressortchefs Colin Fan (42) und Michele Faissola (47) sitzen bislang nur im GEC, wo sie mehr verdienen können als im Kernvorstand und bislang weitgehend dem Zugriff der deutschen Finanzaufsicht Bafin entzogen waren.
Dass sie in den Kernvorstand aufrücken, ist indes wenig wahrscheinlich: Faissola ist verstrickt in den Libor-Zinsmanipulationsfall, Fan ein enger Vertrauter von Anshu Jain (52), dem umstrittenen früheren Chef der Bank.
Im Vorstand vertreten sind bislang nur der Zahlungsverkehr (Global Transaction Banking) mit Stefan Krause (52) sowie das Geschäft mit Massen- und Geschäftskunden (Private & Business Clients) mit Christian Sewing (45).
Krause droht wegen der Libor-Affäre seinen Posten zu verlieren. Gleiches gilt für Risikochef Stuart Lewis (49), für Stephan Leithner (49), der lange das Rechtsressort führte und nun unter anderem für Personal und Europa zuständig ist, sowie für Chief Operating Officer Henry Ritchotte (51). Cryans Co-Chef Jürgen Fitschen (66) soll im Mai 2016 ausscheiden.
Alle gefährdeten Vorstände werden im vorläufigen Bericht der Finanzaufsicht Bafin zum Libor-Fall erwähnt, weil sie Kontrollpflichten vernachlässigt oder schlampig kooperiert haben sollen. Im Herbst will die Bafin ihren endgültigen Bericht versenden. Bestätigt sie darin ihre bisherigen Einschätzungen, könnte der Aufsichtsrat Vorstände abberufen – und anschließend sogar rechtliche Schritte einleiten. So plädieren einige Räte für Schadensersatzklagen; andere fürchten, dass eine juristische Auseinandersetzung die Bank zerreißen könnte. Gerade Jain hat noch viele loyale Anhänger im Konzern.
Auch für den Aufsichtsrat selbst könnte es unangenehm werden. Unternimmt er nichts gegen frühere Topmanager, läuft er Gefahr, von Aktionären wegen Untreue verklagt zu werden. Zudem lassen aktuelle Affären wie der Geldwäscheverdacht in der Moskauer Niederlassung vermuten, dass die Compliance-Systeme der Deutschen Bank noch immer nicht einwandfrei funktionieren. Das könnte auch auf das Kontrollgremium zurückfallen.
Die Deutsche Bank wollte die Informationen nicht kommentieren.
Autor: Tim Bartz
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