Siemens-Chef Joe Kaeser will Europas größten Industriekonzern in zwei Unternehmen teilen, ein industrielles Siemens und eine Siemens Medizintechnik. Er wolle die Automatisierung und das Energy Management mit seinen Stromübertragungs- und -verteilnetzen „auf absehbare Zeit als industriellen Verbund erhalten“, sagte Kaeser im Interview mit dem manager magazin, das ab Freitag (15. Dezember) im Handel ist. „Die Spekulationen, dass wir erst die digitale Fabrik und dann das Energy Management an die Börse bringen oder gar die Gebäudetechnik verkaufen, sind Unsinn.“
Neben der Gebäudetechnik werden zum künftigen industriellen Kern auch die Prozesstechnik, die Elektrik wie Motoren und Antriebe sowie die kleineren und mittleren Turbinen gehören. Für die Medizintechnik wird für das erste Halbjahr 2018 der Börsengang vorbereitet. „Wir wollen massiv investieren, um eine Siemens-Gesundheitstechnik zu schaffen, die das Potenzial hat, in 20 bis 30 Jahren größer zu sein als das industrielle Siemens“, begründete Kaeser.
Das Geschäft mit großen fossilen Kraftwerken sieht Kaeser dagegen nicht mehr als Kerngeschäft an. Hier gebe es keine Synergien wie zwischen den anderen Sparten, sagte er. Unternehmenskreisen zufolge hatte Siemens bis zum Frühjahr 2017 bereits mit der japanischen Mitsubishi Heavy Industries über einen Zusammenschluss verhandelt, dem nach General Electric und Siemens drittgrößten Hersteller großer Gasturbinen. In dem mm-Interview äußerte sich Kaeser hierzu nicht.
Siemens hat im November angekündigt, in der Kraftwerksparte 6100 der weltweit 48 000 Stellen abzubauen, davon die Hälfte in Deutschland. Unter anderem sollen Werke in Görlitz und Leipzig geschlossen sowie der Standort in Erfurt verkauft werden. Grund sei, dass „uns die Fixkosten der Standorte, die nur zwischen 35 und 60 Prozent ausgelastet sind, zu schaffen machen“, sagte Kaeser. „Dennoch haben wir gute Chancen, den Abbau sozialverträglich abzufedern.“ Der Siemens-Chef begrüßte die anstehenden Gespräche mit den Betriebsräten. „Es geht darum, möglichst schnell Lösungen zu finden und die Unsicherheit bei den Mitarbeitern zu beenden. Deswegen ist es gut, dass wir uns jetzt an einen Tisch setzen.“
Kaeser räumte in dem Interview erstmals ein, beim Erwerb des texanischen Öl- und Gasindustriezulieferers Dresser-Rand für 7,8 Milliarden Dollar Fehler gemacht zu haben. Die zugrunde liegende Strategie sei zwar richtig, das Timing aber „nicht ideal“ gewesen, sagte er. „Aus heutiger Sicht würde man Dresser-Rand wahrscheinlich zu dem Zeitpunkt nicht mehr kaufen.“ Seit Siemens die Übernahme im September 2014 angekündigt hat, ist die Nachfrage der weltweiten Öl- und Gasindustrie nach neuen Anlagen eingebrochen.
Autoren: Steffen Klusmann, Angela Maier
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