DER SPIEGEL

Historiker Schabert: Kohl verbreitet in seinen Memoiren »Schmarrn«

Tilo Schabert über den zweiten Teil der Memoiren von Alt-Kanzler Helmut Kohl: Kohl ignoriert Fakten und betreibt Legenden­bildung / »Das grenzt an bewusste Geschichts­fälschung«

Kohl müsse »in einer ganzen Reihe von Punkten widersprochen werden«, sagte der Historiker Tilo Schabert im Interview mit SPIEGEL ONLINE. Nicht nur zum angeblichen »Doppelspiel« Mitterrands 1989 vor der deutschen Wiedervereinigung sei die Darstellung Kohls »einseitig, teilweise  unrichtig und im Ganzen parteiisch«. Schon zur Zeit der Wiedervereinigung habe der CDU-Politiker den historischen Ablauf und das Verhalten der wichtigsten Akteure, darunter Mitterrand natürlich, in einer Weise gedeutet, die den Tatsachen keineswegs gerecht werde. »Er strickte schon an einer – seiner – Legende. Die wiederholt er nun in seinen Memoiren, ohne sich offenbar um die mittlerweile zahlreich vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnisse, Darlegungen und Analysen zu kümmern«, sagte Schabert.

»Entgegen all dem, was die auf sorgfältige Quellenarbeit in Archiven gestützte Geschichtsschreibung herausgefunden hat, spannt Kohl nun wieder Mitterrand und Margaret Thatcher als das Paar zusammen, welches sich gegen die deutsche Wiedervereinigung stellte – mit dem ungeheuren Vorwurf an Mitterrand, ein ›Doppelspiel‹ getrieben zu haben. Das grenzt an bewusste Geschichtsfälschung«, so Schabert. »Kohl weiß es besser. Warum erzählt er dann diesen Schmarrn? Thatcher war dagegen, aber Mitterrand verweigerte sich ihr in dieser Hinsicht durchweg. Er mokierte sich vielmehr über ihre Sturheit.«

Schon die Chronologie der Kohlschen Darstellung »stimmt nicht«, kritisiert der Historiker. »Ihr könnte Datum für Datum widersprochen werden. Sie dient nur seiner Legende. Etwa die Behauptung, nur der US-Präsident George Bush senior habe von Anfang an und unbeirrt die deutsche Wiedervereinigung begrüßt und unterstützt. Mitterrand hat sich schon im Oktober 1989 positiv über die Wiedervereinigung geäußert, Bush ließ sich erst im November dazu herab.«

Der vollständige Text ist unter www.spiegel.de abrufbar.

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