SPIEGEL-ONLINE-Interview mit dem ehemaligen SPD-Vorsitzenden
– Der ehemalige SPD-Vorsitzende Hans-Jochen Vogel kritisiert den Umgang der Medien mit aktuellen Meinungsumfragen zum Thema
Demokratieverdrossenheit: „Ich bin bedrückt, dass den Medien offenbar der Unterschied zwischen der Frage, ob die Demokratie funktioniert, und der Frage, ob man die Demokratie als Staatsform bejaht, nicht deutlich geworden ist“, so der 80-jährige Vogel im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE.
Für den langjährigen Vorsitzenden (1993 bis 2000) des Vereins „Gegen Vergessen – Für Demokratie“ sind insbesondere und gerade Demokraten immer wieder aufgerufen, sich kritisch mit der Funktionsweise der demokratischen Staatsform auseinanderzusetzen. Es spreche doch für die Demokratie, „wenn die Leute nicht sagen: alles wurscht – sondern sich einmischen und beklagen, wie die Demokratie momentan praktiziert wird“. Er könne aber „nicht erkennen, dass die deutsche Demokratie heute schlechter funktioniert als vor drei, zehn oder dreißig Jahren“.
Der einstige SPD-Kanzlerkandidat weist darauf hin, dass positive Wirtschaftsdaten die Zufriedenheit der Bürger stärkt: „Natürlich ist das Zufriedenheitsgefühl in Zeiten guter wirtschaftlicher Entwicklung stärker als in Zeiten schlechter Wirtschaftsdaten.“
Die Tatsache, dass rund zwei Drittel der Bundesbürger die derzeitige Situation in Deutschland als ungerecht empfinden, besorgt Hans-Jochen Vogel. Die „Kluft zwischen Arm und Reich“ habe sich in den letzten Jahren vergrößert. „Hinzu kommt, dass die Menschen die exzessiven Erhöhungen von Vorstandsbezügen bei gleichzeitigen Entlassungen entsprechend wahrnehmen“, so Vogel zu SPIEGEL ONLINE.
Die besonders positiven Umfragewerte in Dänemark (93 Prozent der Dänen sind nach einer EU-Umfrage zufrieden, wie die Demokratie in ihrem Land funktioniert) führt Hans-Jochen Vogel auf die erfolgreichen Wirtschafts- und Sozialreformen der Skandinavier zurück. „Wir sollten uns noch genauer anschauen, was die Dänen da alles gemacht haben.“
Die Ostdeutschen mit ihren besonders hohen Unzufriedenheits-Werten nimmt Vogel in Schutz: Seit der deutschen Einheit seien 16 Jahre vergangen, „es würde mich interessieren, wie die Antworten in der alten Bundesrepublik im Jahre 1961 ausgesehen hätten, wenn wir uns damals nicht in einer Phase ununterbrochenen wirtschaftlichen Aufschwungs befunden hätten, sondern in einer wirtschaftlichen Lage, wie sie sich für die Menschen in den neuen Bundesländern darstellt.“
Das vollständige Interview ist unter www.spiegel.de abrufbar.
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