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Goldman-Sachs-Banker Dibelius fordert die Branche zum Umdenken auf

Alexander Dibelius, Deutschland-Chef der Investmentbank Goldman Sachs, fordert angesichts der schwerwiegenden Finanzkrise ein Umdenken in seiner Zunft.

„Es ist manches falsch gelaufen“ – Renditeziele von 25 Prozent pro Jahr
langfristig kaum darstellbar


„Unsere Branche hat es versäumt, durchgreifende Geschäftsprinzipien
festzulegen, die über formale Regulierung hinausgehen“, sagte Dibelius dem
Hamburger manager magazin (Erscheinungstermin: 19. Dezember 2008). „Man darf
nicht alles tun, auch wenn es im Rahmen der Gesetze erlaubt ist. Es ist
wichtig, sich intern eindeutige Grenzen zu setzen“, sagte der Investmentbanker,
der die Geschäfte der US-Bank in Deutschland, Österreich, Osteuropa und
Russland lenkt.

Die öffentliche Kritik am Geschäftsgebaren vieler Finanzinstitute kann Dibelius
nachvollziehen: „Es ist manches falsch gelaufen in unserer Branche. Deshalb
kann ich verstehen, dass die Leute über Banker wettern.“ Die Denkmuster, nicht
nur im Finanzgewerbe, müssten sich ändern, verlangte der Kapitalmarktprofi:
„Wir müssen uns beispielsweise von der Vorstellung verabschieden, nachhaltig
und langfristig Eigenkapitalrenditen von 25 Prozent und mehr pro Jahr erzielen
zu können.“ Historisch liege die an den Kapitalmärkten erzielte
Eigenkapitalrendite bei 8 bis 12 Prozent.

Dibelius räumte ein, dass auch Goldman Sachs unter der Finanzkrise leide: „Der
massive Einbruch der Kapitalmärkte nach dem Zusammenbruch von Lehman Brothers
trifft uns natürlich auch.“ Die New Yorker Bank musste diese Woche einen
Verlust im vierten Quartal 2008 melden – das erste Minus seit dem Börsengang
1999.

Im Herbst hatte Goldman Sachs zudem auf den bisherigen Sonderstatus eines kaum
regulierten Investmenthauses verzichtet und sich in eine normale Geschäftsbank
umgewandelt. Die Strategie der Bank werde von diesem Schritt aber kaum berührt,
so Dibelius: „Unser Geschäftsmodell, als Investmentbanker Berater, Finanzier
und Co-Investor für unsere Klienten zu sein, wird es unabhängig von der
Rechtsform so lange geben, wie es Kapitalmärkte mit Angebot und Nachfrage nach
unterschiedlichsten Anlageklassen gibt.“

Den in der Branche heftig diskutierten Vorschlag, auch Investmentbanken wie
Goldman Sachs sollten Filialen eröffnen und Kundengelder einsammeln, um ihre
Finanzierungsbasis zu stärken, beurteilt Dibelius skeptisch: „Kundengelder kann
man nicht zur Refinanzierung beliebiger Geschäfte nutzen. Das verbietet der
Regulator.“ Darüber hinaus ergebe sich aus Kundeneinlagen auch die
Verpflichtung, Konsumentenfinanzierungen zu übernehmen, ein Bereich, in dem
erhebliche Ausfälle zu erwarten seien.

Autor: Ulric Papendick
Telefon: 040/308005-79

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