Angeblich standrechtlich erschossene und jedes Jahr geehrte Russen haben nie existiert
Berlin, 16. Juni 2003 – Am Montag Nachmittag werden Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit, der Vizepräsident des Abgeordnetenhauses Christoph Stölzl und Vertreter der Kirchen und Gewerkschaften in Berlin wie jedes Jahr der „Helden der Menschlichkeit“ gedenken, die beim Volksaufstand am 17. Juni 1953 ihr Leben lassen mussten. Dabei besuchen sie – auch diesmal wieder – das Denkmal für 41 sowjetischen Soldaten, die standrechtlich erschossen worden sein sollen, weil sie sich angeblich geweigert hatten, auf die deutschen Arbeiter zu schießen.
Diese Russen jedoch, die seit nunmehr 50 Jahren geehrt werden, hat es nach einem Bericht von SPIEGEL ONLINE nie gegeben. Sie sind ein Phantom des Kalten Krieges. Die Geschichte wurde offenbar von dem russisch-ukrainischen Emigrantenbund NTS in die Welt gesetzt, der von München aus eng mit dem US-Geheimdienst CIA kooperierte.
Die Geschichte stützt sich vor allem auf die Aussagen des Kronzeugen Nikita Ronschin. Der Sowjetmajor wartete mit Einzelheiten der Exekutionen auf – tatsächlich aber war er nach SPIEGEL-Recherchen schon im April 1953, also Wochen vor dem Volksaufstand, zu dem Amerikanern übergelaufen und nach Westdeutschland gebracht worden.
Außer den Aussagen dieses spurlos verschwundenen Kronzeugen gibt es nicht den kleinsten Hinweis auf die Exekutionsgeschichte. Weder gibt es in russischen, deutschen oder amerikanischen Archiven irgendwelche Anhaltspunkte, noch haben sich weitere Augenzeugen oder Hinterbliebene der Opfer gemeldet.
Der vollständige Text ist unter www.spiegel.de abrufbar.
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