Paderborner Theologe übt scharfe Kritik an religiöser Rhetorik des US-Präsidenten / "Man kann nicht über Leichen gehen, wenn man den Weg Christi gehen will" / Bushs Irak-Politik sei "eine Verzahnung von individueller Neurose und sozialpsychologischem Wahn"
Der Paderborner Theologe und Psychoanalytiker Eugen Drewermann hat dem amerikanischen Präsidenten George W. Bush vorgeworfen, mit religiöser Rhetorik die Öffentlichkeit von seiner Art der Machtausübung zu überzeugen. Im Interview mit SPIEGEL ONLINE warnte er, dass die von der US-Regierung praktizierte Einteilung von Staaten und Völkern in gut und böse ideologisch gefährlich und psychologisch blind sei. "Merkt man denn nicht, dass man alles, was man böse nennt, längst in die eigene Praxis übernommen hat?"
In den USA lebe man in dem Wahn, als große Nation von Gott für die Lenkung der Weltgeschicke eine besondere missionarische Berufung zu besitzen, sagte Drewermann zur Irak-Politik der US-Regierung. Aber "wer aus dem Neuen Testament die Pflicht zum Präventivkrieg herausliest, wer aus der Bergpredigt die Legitimation nimmt, hunderttausende Menschen mutwillig zu töten, hat entweder das Christentum nicht verstanden, oder er entfernt sich mit Siebenmeilenstiefeln davon. Man kann nicht über Leichen gehen, wenn man den Weg Christi gehen will", erklärte er im SPIEGEL ONLINE-Gespräch.
Psychologisch erklärt sich Drewermann die Politik des amerikanischen Präsidenten mit dessen Übereifer: "Für George W. verschmelzen Gott und sein Vater zu dem Auftrag, einen noch größeren und noch besseren Krieg zu führen als der eigene Vater - mit dem Beistand des Vaters im Himmel." Drewermann nannte Bushs Irak-Politik deshalb "eine Verzahnung von individueller Neurose und sozialpsychologischem Wahn".
Es sei in den USA inzwischen üblich, "sich als Präsident mit der Aura der Gotterwähltheit darzustellen". Das gelte auch für die Nation als Ganzes. Diesen Absolutheitsanspruch übertrage Bush auch auf machtpolitische, geostrategische und wirtschaftliche Ziele.
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