manager magazin

Ergebnisse der Umfrage „Perspektive Mittelstand“

Unternehmer bekennen sich zum Standort Deutschland
Mehr als drei Viertel der Mittelständler fühlen sich durch die Politik
behindert / Druck auf Löhne bleibt bestehen

Berlin. – Deutschlands mittelständische Unternehmer geben sich ausgesprochen
patriotisch. Das ergab eine repräsentative Umfrage der Initiative Neue Soziale
Marktwirtschaft (INSM) und der Zeitschrift manager magazin (erscheint am 21.
Oktober 2005) bei mittelständischen Unternehmern in Deutschland. Die Mehrheit
der Befragten empfindet „eine moralische Verpflichtung, ihre erwirtschafteten
Gewinne vornehmlich in Deutschland zu investieren“. Ein Viertel fühlt sich
„persönlich mitverantwortlich für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung am
Standort Deutschland“.

Entsprechend sind Betriebsverlagerungen ins Ausland nur für wenige Unternehmer
ein Thema, zumal viele der befragten Firmen (Handwerk, Handel) ohnehin fast
ausschließlich auf dem Heimatmarkt aktiv sind. Vier Prozent der Befragten haben
bislang Wertschöpfung ins Ausland verlagert; fünf Prozent planen diesen
Schritt. Allerdings sind gerade Industrieunternehmen mobil: Bereits 21 Prozent
von ihnen haben Wertschöpfung ins Ausland verlagert, zehn Prozent planen dies
für die Zukunft.

„Trotz aller Probleme würden viele Mittelständler nach wie vor gern in diesem
Land und für dieses Land investieren. Mit einer marktwirtschaftlichen
Erneuerung sollten die politisch Verantwortlichen jetzt den Weg für diese
Investitionen frei machen und damit die Weichen in Richtung Aufschwung
stellen“, betonte der mittelständische Unternehmer Randolf Rodenstock,
Präsident der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft und Kuratoriumsmitglied
der INSM, bei der Vorstellung der Umfrageergebnisse am Mittwoch in Berlin.

Bislang fühlen sich 84 Prozent der Unternehmer durch die Politik behindert. 88
Prozent geben an, zuviel Bürokratie wirke sich negativ auf ihr Geschäft aus, 82
Prozent führen die Steuergesetze an, ebenfalls 82 Prozent die hohen
Lohnzusatzkosten. Auf der Wunschliste an die neue Regierung, so Rodenstock,
stehe deshalb Linderung in diesen Punkten ganz oben.

Weniger störend empfinden die Unternehmer das Arbeits- und Tarifrecht. Diese
Themen hatten im vergangenen Wahlkampf eine große Rolle gespielt. So sieht fast
die Hälfte der Befragten den Kündigungsschutz als problematisch. Nur kleine
Minderheiten der Mittelständler empfinden den Einfluss von Betriebsräten und
Gewerkschaften als hinderlich.

Die Flächentarifverträge hält ein Drittel der Firmenchefs für ein Hindernis.
Allerdings steigt mit zunehmender Betriebsgröße die Ablehnung. Den Ausstieg aus
dem System der Flächentarifverträge hat bislang nur eine verschwindend kleine
Minderheit der Befragten gewagt (sechs Prozent). Dennoch dürften die
Flächentarifverträge zunehmend unter Druck geraten: Zehn Prozent der Firmen
planen, aus dem Flächentarif auszuscheren. Unter den größeren Unternehmen
(Umsatz: 25 Millionen Euro und mehr) sind es sogar 20 Prozent. Auch immer mehr
Handwerksbetriebe, die derzeit in besonders schlechter Verfassung sind, lösen
sich vom Flächentarif: 13 Prozent sind bereits ausgestiegen, 18 Prozent haben
dies vor.

In den Zahlen spiegelt sich die Verunsicherung des Mittelstands über die
Aussichten für Deutschland wider. Eine Mehrheit von 57 Prozent betrachtet die
wirtschaftliche Situation des Landes als schlecht oder sehr schlecht, nur fünf
Prozent der Befragten als gut. Besser beurteilen sie die Lage ihrer eigenen
Firma, die immerhin 33 Prozent als gut bezeichnen, 22 Prozent jedoch als
schlecht oder sogar sehr schlecht; die übrigen antworteten mit „teils/teils“.
Für die nächsten drei bis fünf Jahre sehen nur wenige Unternehmer eine
Verbesserung ihrer bisherigen Lage.

Bei näherer Analyse zeigt sich eine deutliche Differenzierung des Mittelstands.
Prinzipiell gilt: Je größer ein Unternehmen, desto besser die Lage und desto
optimistischer die Zukunftserwartungen. Während Industrieunternehmen die Lage
mehrheitlich als gut oder sehr gut einschätzen (53 Prozent), aber nur zehn
Prozent als schlecht oder sehr schlecht, sind bei Handwerksbetrieben nur ein
Drittel (gut/sehr gut: 33 Prozent) zufrieden mit der Lage, ein Viertel steckt
in Schwierigkeiten (schlecht/sehr schlecht: 26 Prozent). Das hängt insbesondere
damit zusammen, ob ein Unternehmen am boomenden Exportmarkt oder am heimischen
Markt aktiv ist.

„Die Warnzeichen sind nicht zu verkennen“, urteilte Rodenstock. „Unsere
Unternehmer haben die Handbremse angezogen. Nicht, weil ihnen die Lust am
Expandieren abhanden gekommen ist, sondern weil die Rahmenbedingungen nicht
mehr stimmen.“

Entsprechend sparen die Unternehmen auch weiter beim Personal. Zwar haben der
schwierigen wirtschaftlichen Lage zum Trotz fast 70 Prozent der kleinen und
mittleren Unternehmen in Deutschland bisher kein Personal abgebaut und planen
dies auch nicht. Dennoch musste sich ein Fünftel von Mitarbeitern trennen, bei
zehn Prozent steht dies noch bevor. Aufgrund steigender Kosten und des starken
Preisdrucks will mehr als ein Viertel der mittelständischen Unternehmen die
Löhne senken, überwiegend durch Abbau der übertariflichen Leistungen. Bei 60
Prozent sind Lohnkürzungen dagegen kein Thema.

Für die Studie befragte das Meinungsforschungsinstitut Media Markt Analysen im
Auftrag der INSM und des manager magazins Inhaber und Geschäftsführer von 373
Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als einer 1 Million Euro Umsatz und nicht
mehr als 2000 Mitarbeitern. Die Befragung fand im Juni und Juli 2005 statt.

Weitere Ergebnisse unter www.manager-magazin.de/link/mittelstandsstudie und
www.insm.de

19. Oktober 2005

Pressekontakte:
Eva Wienke, manager magazin Ronald Voigt, INSM
Tel.: (040) 3007-2320 Tel.: (0221) 4981-418
Email: eva_wienke@spiegel.de Email: voigt@insm.de

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