SPD-Politiker Jens Böhrnsen: Teile der Föderalismusreform ergeben keinen Sinn / »Politischer Amoklauf« von Berlins Finanzsenator Sarrazin
Hamburg, 6. März 2006 – Bremens Regierungschef Jens Böhrnsen hat Teile der von Bund und Ländern ausgehandelten Föderalismusreform kritisiert und seinen Länderkollegen übertriebene Kompetenzansprüche vorgeworfen. So gebe es »keine vernünftigen Gründe« für eine länderspezifische Regelung beim Strafvollzug. Einige Länder würden aber auf diese Kompetenz dringen, sagte Böhrnsen im Interview mit SPIEGEL ONLINE. »Ich finde es absurd, wenn sich einzelne Länder gerade in diesem Bereich profilieren wollen. Aber so ist es nun einmal«, sagte der SPD-Politiker. Ähnliches gelte für die Beamtenbesoldung.
In der Debatte um eine mögliche Fusion einzelner Bundesländer setzt der Bremer Regierungschef auf die Eigenständigkeit des finanziell angeschlagenen Stadtstaates: Die Finanzlage sei »bedrohlich«, räumte Böhrnsen ein, »aber deshalb geben wir doch die Selbständigkeit nicht auf«. Vielmehr wolle Bremen für sein »Recht auf eine faire Finanzausstattung streiten«. Zu diesem Zweck bereitet Bremen derzeit eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht vor. Böhrnsen appellierte in diesem Zusammenhang an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Sie wolle eine Reform der Finanzbeziehung von Bund und Ländern. »Ich setze auf das Wort der Kanzlerin«, sagte Böhrnsen.
Heftige Kritik übte Böhrnsen an Berlins Finanzsenator Theo Sarrazin. Dieser habe sich kritisch über die Zukunft Bremens geäußert, obwohl Berlin selbst »wie kein anderes Land am Tropf der bundesstaatlichen Gemeinschaft« hänge. Er habe sich über den »politischen Amoklauf« Sarrazins »besonders geärgert«, sagte Böhrnsen. Der Bremer Regierungschef warnte vor einem möglichen Zusammenschluss kleinerer Bundesländer: »Wollen wir vier, fünf gleichgroße Länder? Ich möchte mal sehen, wie Deutschland regiert wird, wenn wir eine Bundeskanzlerin und nur vier starke Ministerpräsidenten haben.«
Das vollständige Interview ist unter www.spiegel.de abrufbar.
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