Foto: Carsten Dammann
Wer im Journalismus eine Nische findet, die nur wenige andere besetzen, kann sich damit schnell profilieren. Wirtschaftsjournalismus gehört sicher dazu, da nicht viele Berufsanfänger:innen ein Wirtschaftsstudium absolviert haben.
Wie sieht dein Arbeitsalltag aus?
Wer hier arbeitet, muss wissen: Berühmt wird man mit dieser Arbeit nicht. Wir sind ein Autorenmagazin, also stehen nicht unsere Namen über den Artikeln, sondern die der Wissenschaftler:innen, Unternehmensberater:innen oder Praktiker:innen, deren Beiträge wir abdrucken. Das sind in der Regel keine Schreibprofis, daher laufen ihre Texte bei uns durch viele Hände, bis sie druckreif sind. Etwa 60 Prozent der Artikel im Harvard Business manager sind Übersetzungen aus unserem Mutterblatt Harvard Business Review. Diese vergebe ich an unser Team externer Übersetzer:innen, übersetze auch mal selbst. Und dann erreichen uns jeden Monat zahlreiche Themenangebote deutschsprachiger Autor:innen. Nur ein kleiner Teil davon eignet sich für einen Abdruck. Dafür erarbeite ich mit den Autor:innen ein Artikelkonzept, bitte um Nachbesserungen – oft auch mehrmals – und redigiere die Endversion gründlich.
Als Mitglied des Leitungsteams plane ich mit den Kolleg:innen zusammen unsere Hefte, behalte den Überblick über die Artikel-Pipeline, koordiniere die Produktion und nehme fertige Texte ab. Außerdem bin ich für die Meldungen zuständig und sammle dafür ständig Studien und Umfragen. Obwohl ich im Studium nie Statistik hatte, fuchse ich mich mittlerweile tief in wissenschaftliche Studien ein und habe erst kürzlich ein Seminar dazu absolviert.
Wie bleibt ihr als Team in euren Themenbereichen auf dem aktuellen Stand?
Weil wir nur ein kleines Team mit 7 Mitarbeiterinnen sind, haben wir hier im Grunde keine Spezialgebiete – nur Lieblingsthemen, die wir einander gern überlassen. Aber wir alle sprechen regelmäßig mit Wissenschaftler:innen, Unternehmensberater:innen und Führungskräften über die aktuellen Entwicklungen im Management, fahren zu Hochschulen oder Konferenzen. Beim Peter-Drucker-Forum im November – der wohl wichtigsten Managementkonferenz in Wien – ist immer jemand aus unserem Team dabei, führt Interviews oder lässt sich von den Speakers zu neuen Themen inspirieren. Und unsere Chefredakteurin Antonia Götsch hat in ihrem Podcast »Wegen guter Führung« immer wieder interessante Führungskräfte zu Gast, diskutiert mit ihnen über Remote Work, Schicksalsschläge im Team oder Streit im Job.
Wie kann man sich das Arbeitsklima bei euch in der Redaktion vorstellen?
In der Redaktion herrscht das, was die Harvard-Business-School-Professorin Amy Edmondson »Psychological Safety« nennt: Eine angstfreie Teamkultur, in der wir Probleme ansprechen und offen diskutieren, in der wir Entscheidungen hinterfragen und unseren Chefinnen und Kolleginnen widersprechen können, ohne negative Folgen befürchten zu müssen. Das gilt auch für die Arbeitsbedingungen: Wer krank ist, wird nach Hause geschickt, und wer zwischendurch einen privaten Termin wahrnehmen muss, kann das tun.
Welche Ratschläge kannst Du rückblickend angehenden Redakteur:innen geben?
In der Managementforschung wird oft die Frage diskutiert, ob Generalisten oder Spezialisten die größeren Karrierechancen haben. Ich bin überzeugt: Es sind die Spezialisten. Wer im Journalismus eine Nische findet, die nur wenige andere besetzen, kann sich damit schnell profilieren. Wirtschaftsjournalismus gehört sicher dazu, da nicht viele Berufsanfänger:innen ein Wirtschaftsstudium absolviert haben. Und was den Job angeht, lebe ich nach dem Motto: »Love it, change it, or leave it«. Love it: Gute Arbeitgeber sind im Journalismus nicht selbstverständlich. Wo Arbeitsklima und -bedingungen stimmen, da lohnt es sich zu bleiben. Change it: In einem früheren Job habe ich mich mit der gesamten Redaktion gegen Mobbing und schlechte Arbeitsbedingungen gewehrt – erfolgreich. Es lohnt sich also, den Mund aufzumachen. Leave it: Hab keine Angst zu gehen, wenn es nicht mehr passt. Wer weiß, wofür es gut ist.