7 mal 5 Fragen Fünf Fragen an Ariane Fries

Die Teamleiterin/Head of Community im Ressort Social Media kümmert sich um die Beiträge der Leser­innen und Leser auf SPIEGEL.de.

„Wir sollten bestenfalls nicht nur an Journalistenschulen rekrutieren. Ich achte darauf, dass ich ein diverses Team habe, das im Idealfall auch paritätisch aufgeteilt ist.“

Sagen, was ist. Wie ist es für dich, in einem Verlags­haus mit einer 75-jährigen Historie zu schreiben?

Ich erinnere mich noch gut, wie ich die erste Zeit ehr­fürchtig durchs Atrium gelaufen bin und es gar nicht wirklich glauben konnte, dass ich jetzt beim SPIEGEL bin – das war schon ein Stück weit surreal. Ich kann mich nämlich noch gut erinnern, wie ich im Rahmen meines Volon­tariats einen vier­wöchigen Kompakt­kurs an der Akademie für Publizistik hier in Hamburg hatte, und mich ehr­licher­weise nur getraut habe, das SPIEGEL-Gebäude von weitem an­zu­gucken. Dieses Zitat „Sagen was ist“ hat mich bereits in meiner Schulzeit geprägt, obwohl mir damals nicht bewusst war, dass es von Augstein stammt (lacht). Es ist für mich schon eine gewisse Ehre, hier zu arbeiten. Diese 75 Jahre stehen schließ­lich für einen ganz besonders investi­gativen Journa­lis­mus – und das ist schon be­ein­druckend. Ich glaube, Du hast Dich mehr als ein­mal beim SPIEGEL beworben, ist das richtig? Ja, ins­gesamt drei­mal. Und beim dritten Mal hat es geklappt (lacht).

Inwieweit bringst du deine junge Perspektive bei der Themen­setzung und beim Schreiben mit ein?

Ich versuche mich zum Beispiel immer in Work­shops zu engagieren, in denen es um die Unter­nehmens­kultur und journa­list­isches Arbeiten geht. Wir haben bei­spiels­weise im Rahmen der Relotius-Affäre unsere Leit­linien, die SPIEGEL-Standards, über­arbeitet. Dort hatte ich mich in einer Arbeits­gruppe engagiert und konnte mich mit Themen ein­bringen, die mir wichtig sind, wie Un­ab­hängig­keit und Transparenz. Auch in größeren Runden kann und sollte man sich ein­bringen: Als Neu­zugang durfte ich damals in der Morgen­konferenz eine Blatt­kritik halten und in diesem Rahmen werden dann auch üblicher­weise drei Themen­vor­schläge gemacht. Einer meiner Themen­vor­schläge war die Kinder­wunsch­problematik von allein­stehenden Männern. Und diesen Vor­schlag hatte dann das Ressort Panorama, wenn ich mich recht erinnere, tat­säch­lich auf­ge­griffen. Das ist dann schon ganz cool.

Ansonsten werde ich natürlich auch nicht müde, dafür zu plädieren, dass wir diverser werden müssen, dass wir besten­falls nicht nur an Journa­listen­schulen rekru­tieren, sondern uns weiter öffnen sollten. Ich mache das auch selbst in meinem Team, indem ich bei der Aus­wahl von studentischen Hilfs­kräften darauf schaue, dass das nicht schon richtig „krasse“ Nach­wuchs­journa­list:­innen sind, sondern dass ich ein diverses Team habe, das im Ideal­fall auch pari­tätisch auf­ge­teilt ist. Das gelingt natürlich mal besser mal schlechter, aber grund­sätz­lich ist es mir sehr wichtig, dass ich in meinem Team viele Blick­winkel und unter­schied­liche Meinungen habe.

Die Corona-Pandemie hat vieles verändert. Auch die Arbeit in der Redaktion, deine Arbeit?

Die Pandemie hat eigentlich nur das offen gelegt, was alle – glaube ich – schon sehr lange ver­mutet haben: dass wir nicht un­be­dingt einen festen Arbeits­platz benötigen, jeden­falls nicht fünf Tage die Woche. Wir arbeiten ja auch zeit­lich sehr flexibel: mal am Wochen­ende, je nach­dem, was ansteht oder ab 5:30 Uhr (lacht). Es ist gar nicht mehr not­wendig, dass alle ihr eigenes Büro haben. Natürlich geht dabei auch etwas Geborgen­heit verloren, aber es ermöglicht uns auch eine un­fass­bare Flexi­bi­lität – allein da­durch, dass An­fahrts­wege weg­fallen. Für viele ist das hybride Arbeiten ein Zu­gewinn, der ihnen – auch persönlich – neue Möglich­keiten er­öffnet hat. Und das Gelingen ist im Grunde eine Frage des Wollens – und zwar von allen Seiten, von der Führungs­kraft wie auch vom Team­mit­glied. Da werden wir in nächster Zeit sicher­lich auch noch einige Reibungs­ver­luste haben, aber es bietet eben auch etwas.

Oftmals werden Journa­list:­innen auf “Quer­denker”-Demons­trationen an­ge­gangen, Wörter wie “Lügen­presse” sind Aus­druck einer Spaltung geworden: Wie gehst du ganz persön­lich mit derartigen Angriffen um?

Dadurch, dass ich eher nicht direkt von Demons­trationen berichte, werde ich damit im realen Leben nicht so sehr kon­fron­tiert, jeden­falls nicht im beruf­lichen Zusammen­hang. Wenn mir in meinem privaten Um­feld Menschen damit kommen, und sei es nur scherz­haft, dann versuche ich schon, souverän-neutral zu reagieren. Auch in diversen WhatsApp-Gruppen, in denen man ist: Sobald da ein Hoax rum­ge­schickt wird, versuche ich natür­lich auf­zu­klären und in einem gewissen Rahmen dagegen zu halten, aber ich würde da­für jetzt nicht mein letztes Hemd geben. Mir ist es ganz wichtig, dass es ein souverän-sachlicher Dialog ist. Diese Maxime verfolge ich auch in meinem beruflichen Umfeld.

Der Blick in die Glas­kugel: Welche Über­schrift würdest du gern in 25 Jahren auf dem Titel des SPIEGEL lesen?

(lacht) Das ist ja dann schon ganz kurz vor meinem Ruhe­stand – so­zu­sagen. Wobei ich mir noch nicht so richtig vor­stellen kann, dass ich irgend­wann nicht mehr arbeite. Aber ich würde dann gern eine opti­mist­ische Head­line lesen und zwar, dass wir Parität in der Besetzung des Bundes­tags haben. Damit meine ich nicht nur das Ver­hält­nis von Mann und Frau, sondern dass wir wirklich ein reales Ab­bild der Bevölkerung dar­stellen können, dass wirklich Politik gemacht wird, die alle mit­nimmt, und sich die Gesell­schaft sensi­bili­siert für die An­liegen kleinerer Inter­essen­gruppen. Mich würde es aber genau­so freuen, wenn wir sagen könnten, wir erreichen die Klima­ziele doch (lacht). Aber eigent­lich hoffe ich natür­lich, dass es nicht 25 Jahre dauert, bis wir so etwas titeln können!

Das Interview haben wir im Sommer 2022 geführt.