Vor 150 Jahren, im Januar 1871, entstand der erste deutsche Nationalstaat. „Deutsches Reich“ hieß das Land nun offiziell, eine konstitutionelle Monarchie mit dem Reichstag als Parlament, Otto von Bismarck als Reichskanzler und einem Hohenzollern-Kaiser als Staatsoberhaupt. Deutschland war erstmals geeint, doch einig war die Gesellschaft keineswegs. Auf der einen Seite modernisierte sich das Land rasant: Aus beschaulichen Städten wurden bestaunte Industriemetropolen, erstmals diskutierte man öffentlich über Sexualität, Frauen erkämpften sich bisher unbekannte Freiräume und immer mehr Menschen hatten nun neben der Arbeit noch Freizeit – und damit Gelegenheit, beispielsweise die brandneue Sportart Fußball auszuprobieren.
Doch die Neuerungen sorgten bei vielen auch für Ängste und tiefe Verunsicherung, weckten den Wunsch nach Identität und dem Festhalten an Traditionen sowie nach Stärke und Überlegenheit nach außen. Aus gesellschaftlichen Widersprüchen und der Politisierung der Menschen entwickelten sich Großmachtstreben, Ausgrenzung von Minderheiten und aggressiver Nationalismus, der schließlich in den Ersten Weltkrieg führte.
Die aktuelle Ausgabe von SPIEGEL GESCHICHTE erzählt vom Alltag im Kaiserreich, davon, wie die Menschen in unterschiedlichen Milieus und Regionen die Zeit erlebten und wie sie mit den Spannungen umgingen, die sich zwischen dem Alten und dem Neuen unweigerlich ergaben. Und das Heft erklärt, warum das Kaiserreich und die Auseinandersetzung mit dieser Zeit bis heute eine entscheidende Rolle für das Selbstverständnis Deutschlands spielt.
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